Weihnachtsgeschichten und Bräuche aus dem Allgäu

Die Weihnachtswelt von Josef Madlener im Antoniterhaus in Memmingen
Weihnachten ohne Josef Madlener? Nicht nur in Memmingen undenkbar. Der freischaffende Künstler, der dort lebte und 1967 im Alter von 86 Jahren verstarb, gilt als Meister der Allgäuer Weihnacht – hat er doch die Geschichte von Jesus, Josef und Maria in seine geliebte Heimat Allgäu verlegt: Maria stellt er als Bauersfrau mit geflochtenen Haaren dar, Josef ist eine Selbstdarstellung Madleners, die Heiligen Drei Könige reiten zu Pferde daher statt auf einem Kamel. Auch wenn man seinen Namen nicht kennt, seine Bilder vom Geschehen der Weihnacht kennt wohl jeder: Ob die verschneite Waldweihnacht mit den zum Jeskukind strömenden Tieren, mit dem über den Schnee schwebenden Christkind welches die Kinder zu Weihnachtszeit in den Städten besucht oder auch die Darstellung der Christmette, wenn die Dorfbewohner durch verschneite Täler zur hell erleuchteten Kirche vor imposanter Bergkulisse stapfen – all diese Motive haben Generation geprägt und faszinieren heute noch gleichermaßen Enkel wie Großeltern.

Ältestes Jesukind der Welt aus der Zeit um 1300
Herzstück der Sammlung aller Krippenfiguren sind die beiden Christkinder: Das „Millionenbaby“ aus Ulm stammt aus dem 16. Jahrhundert, das älteste Jesukind der Welt aus dem 14. Jahrhundert. Aus einem Kloster in Leutkirch fand es den Weg nach Mindelheim, der Künstler ist nicht bekannt. Locker im Schneidersitz, eine Hand an der Fußsohle, einen Finger im Mund – so bewegt und kindlich dargestellt fällt es völlig aus seiner Zeit. „Denn erst ab dem Jahr 1500 verbreitet sich die Christkind-Verehrung in alle Welt bis nach Lateinamerika. Übrigens stammt die Idee, das Jesus-Kind aus der Krippe herauszulösen und einzeln zu verehren, aus schwäbischen Frauenklöstern“, erzählt Christian Schedler. Aus dieser Zeit stammt das zweite Prunkstück, ein stehendes Jesulein vom spätgotischen Bildschnitzer Michel Erhart aus Ulm. Schedler nennt es liebevoll sein „Millionenbaby“, denn sein Wert liegt deutlich über eine Millionen Euro.

Die Klosen-Sänger ziehen durch Wangen
Auf den ersten Blick mag es ein schlichter Brauch sein. Doch leuchten die Augen bei vielen Bewohnern Wangens, wenn am Nikolaus-Abend (5. Dezember) die Klosen-Sänger durch die Stadt ziehen. Diese Tradition gibt es nur einmal im Jahr, nur an diesem Abend, und nur in Wangen. Ein wunderbares Erlebnis in der Adventszeit!

Der Mantel lang, ein Hut auf dem Kopf – das Gewand der 20 Jungen und Männer im Alter von acht bis über 80 Jahren ist schlicht. A-capella singen die Klosen alte, deutsche Lieder, wie sie überliefert wurden. Sehr getragen, sehr feierlich mutet das an. Höhepunkt ist „Nicolai Festo“, ein lateinischer Choral-Gesang aus dem 16. Jahrhundert. Die letzte Zeile endet auf deutsch: „saeculorum saecula saeculorum steck`s in Sack!“ Gemeint sind die Gaben, die nun folgen sollen. Statt Naturalien geben die Zuhörer jetzt Geld. „Meist kommen an die 1000 Euro zusammen, die wir bedürftigen Familien spenden“, sagt Stephan Wiltsche. Er ist seit 18 Jahren dabei und mag diesen heimeligen Brauch sehr.