Interessiert an der Bohne

Mit dem Nachkriegs-Kaffeeersatz hat das Café Muckefuck in Marktoberdorf wenig zu tun – der Kaffee aus der kleinen Privatrösterei im Allgäu ist ein Geschmackserlebnis allererster Güte

Schon auf der Straße duftet es nach frisch gebrühtem Kaffee. Der köstliche Geruch strömt aus dem Haus mit der grünen Markise. Drinnen hinter dem Backsteintresen des Café Muckefuck steht Andreas Oertel. Lederne Schürze, blaue Augen, dunkle, akkurat gescheitelte Haare, gepflegter Hipster-Vollbart. Aus der chromblitzenden Maschine zischt dampfender Kaffee in die Tasse. Gekonnt zaubert Andreas ein Muster in den Milchschaum. Die Leidenschaft für Kaffee hatte er schon während seiner Lehrzeit in der Hotellerie entdeckt, auf erste Barista-Kurse folgte eine Zusatzausbildung zum Kaffeesommelièr in Wien. „Irgendwann habe ich festgestellt, dass der Kaffee, den man kaufen kann, nicht der Kaffee ist, den ich gern trinke oder zubereite“, erzählt Andreas. Vor ein paar Jahren verschlug es ihn ins Allgäu, er verliebte sich in die Region – und blieb. Logische Konsequenz: Das eigene Café und die Kaffeerösterei im Allgäu.

Das Kaffeerösten ist eine Kunst und eine Wissenschaft
Wenige Kilometer vom Café in Marktoberdorf entfernt ist die Rösterei. Dort steht Andreas nun neben der Röstmaschine, der ganze Raum ist erfüllt vom intensiven Duft gerösteter Kaffeebohnen. Langsam nehmen sie in der Röstmaschine eine seidig-schokoladige Bräune an. Mit einer kleinen Schaufel zieht Andreas Oertel eine Probe aus der Trommel. Schnuppert, prüft und begutachtet mit skeptischem Blick das Zwischenergebnis. Ohne gute Bohnen gibt es keinen guten Kaffee. Aber auch das Kaffeerösten ist Kunst und Wissenschaft zugleich. Für ein optimales Ergebnis braucht es Gefühl und Erfahrung. „Jede Ernte ist eine neue Herausforderung, denn Kaffee ist ein Naturprodukt und deshalb nie identisch – der Rohkaffee ist immer ein anderer.“ Man schmeckt und sieht es, wenn die Bohnen nur ein bisschen zu kurz oder ein wenig zu lang geröstet wurden. Weiter hinten im Raum lagert die neue Lieferung aus Südamerika. Die hopfengrünen Bohnen in den typischen Kaffeesäcken sind gerade eingetroffen.

Die Kaffeebohnen werden fair gehandelt und regional vertrieben
Nachhaltigkeit ist beim Anbau und Handel von Kaffee ein schwieriges Thema. Oertel ist sich dessen bewusst. Aus Costa Rica, Kolumbien, Honduras und Kenia bezieht er die unverarbeiteten Bohnen: „Wir arbeiten mit vier kleinen Direktimporteuren zusammen, die wir persönlich kennen und die sich jeweils auf bestimmte Länder und Gebiete spezialisiert haben. Wir wissen auf den Quadratmeter genau, woher unsere Bohnen kommen und wer sie angebaut hat.“ Auch bei einem Produkt, das von weit her kommt, bleibt Regionalität ein Anspruch, dem Andreas Oertel gerecht zu werden versucht. „Der Kaffee hat eine Weltreise hinter sich, bis er im Allgäu ankommt – und dann darf er auch gern hier bleiben und getrunken werden.“ Und so werden die gerösteten Bohnen ausschließlich in der Region vertrieben. Auch die Namen der Muckefuck-Kaffeespezialitäten sind ein klares Bekenntnis zum Allgäu: Sepp, Anderl, Toni und Gustl sind selbstverständlich Bayern.

Der besondere Tipp
Im Café Muckefuck in Marktoberdorf gibt es zu den vielen Kaffeevariationen auch allerlei feine Leckereien wie süße Snacks oder herzhafte Sandwiches – nach einem leckeren, reichhaltigen Frühstück macht es gleich doppelt so viel Spaß, die Stadt und die Umgebung zu erkunden. Neben dem Kaffee werden im Café auch noch andere regionale Erzeugnisse wie Wein und Honig angeboten.