Ein Skipionier wird 90

Helmut Böcks Leben erzählt ein Stück Nesselwanger Skigeschichte

Am 14.2.52 vor 69 Jahren, also an seinem 21. Geburtstag, marschierte Helmut Böck aus Nesselwang als Fahnenträger der deutschen Mannschaft zur Eröffnungsfeier der Olympischen Winterspiele 1952 im Osloer Bislett-Stadion ein. „Der Höhepunkt meiner Sportlerkarriere. Wie ich zu der Ehre gekommen bin, weiß ich nicht. Wahrscheinlich weil ich der Jüngste im Team war und Geburtstag hatte“, berichtet er. Jetzt feiert er den 90. Geburtstag im Kreis der Familie mit drei Kindern und acht Enkeln, seine Ehefrau ist vor einigen Jahren verstorben. Auf ein erfülltes Leben blickt er zurück und fühlt sich geistig und körperlich fit: „Das ist ein großes Geschenk“.

Die nordische Kombination wurde ihm in die Wiege gelegt. Als bester Mitteleuropäer errang Vater Ludwig Böck bei den Olympischen Winterspielen 1928 in St. Moritz einen achtbaren 7. Platz in dieser Disziplin. 1933 baute der Vater das „Sportheim Böck“ an der Alpspitze und betrieb dort die erste Nesselwanger Skischule für seine Gäste. Sohn Helmut wuchs bei den Großeltern in Weißensee auf und ging in Füssen zur Schule. Das Training mit dem sportbegeisterten Vater und unter Leitung des ehemaligen Sportoffiziers Jakob Kuhn, der den Nesselwanger Skinachwuchs unter seine Fittiche nahm, zahlte sich aus: In den 1950er Jahren errang Helmut Böck zahlreiche Meistertitel bei den Allgäuer, Bayerischen und Deutschen Meisterschaften der Junioren und Erwachsenen.

Aber damit nicht genug: auch im Langlauf war er erfolgreich und wurde Deutscher Vizemeister und Bayerischer Meister über 15 km. In den 1930er Jahren war die „Vierer-Kombination“ beliebt: aus Langlauf, Sprunglauf, Abfahrt und Slalom. Als der Bayerische Skiverband nach dem Krieg eine solche Veranstaltung für Junioren ausrichtete, siegte – wie nicht anders zu erwarten – Helmut Böck: “Ich hatte praktisch keine Konkurrenz, weil ich auch gut in der Abfahrt war“. In den 1950er Jahren dominierten die Sportler des Skiklubs Nesselwang (SKN) den Langlauf im Allgäu, unter ihnen Helmut Böck. Zahlreiche Siege gingen auf ihr Konto, vor allem in den Staffeln mit Böck, Herbert Eberle, Georg Sutter, Xaver Hindelang und Reinhold Mayr. „Egal wo wir hingefahren sind, wir haben meist gewonnen“, schmunzelt er. Außer 1952 in Oslo nahm Böck auch an den Olympischen Winterspielen 1956 in Cortina d`Ampezzo teil.

Auch nach Beendigung seiner aktiven Laufbahn blieb er dem Skisport treu. Von 1969 bis 1977 war er 1. Vorsitzender des SKN und richtete als Chef des Organisationskomitees 1971 die Europameisterschaft der Junioren im nordischen Skisport in der Marktgemeinde aus - eine Großveranstaltung, für die der SKN international viel Lob erntete. „Die Nesselwanger haben sich sehr engagiert, der ganze Ort hat mitgeholfen“, blickt der Jubilar zurück. Als am 14. Juni 2009 das Nesselwanger Skimuseums eröffnet wurde, durfte natürlich auch der Name Böck nicht fehlen. Die Idee hatte Freund und Nachbar Bruno Moravetz, ein ehemaliger Sportreporter. Eine Bürgerwerkstätte wurde gegründet, deren Sprecher Böck jahrelang war. Unter seiner Leitung wurde die Ausstellung konzipiert und Exponate aus dem Ort und von ehemaligen Skikameraden zusammengetragen. „Ein Glücksfall, dass uns der Markt die Räume im Torgebäude zur Verfügung gestellt hat“, dankt Böck allen Unterstützern und Mitstreitern, vor allem Andreas Tanner, Brigitte Reisacher, Gönnern und Helfern. Für seinen ehrenamtlichen Einsatz verlieh ihm der Markt die silberne Nessel. Auch beruflich war er erfolgreich. Als Industriekaufmann nahm er 1955 eine Stelle in Frankfurt an, trat 1963 in die Nesselwanger Firma Clemens Riefler als Einkäufer ein und arbeitete zuletzt als Geschäftsführer einer Verwaltungsgesellschaft im Feriendorf Reichenbach.

Den Skisport verfolgt er in den Medien mit Interesse und Abstand, sieht aber den Gigantismus beim Bau der Anlagen und die Konzentration auf den Leistungssport kritisch. „Eine schöne Zeit“, sagt er im Rückblick über seine sportliche Karriere. Sie präsentiert sich als Stück von Nesselwangs Skigeschichte.

Text von Ingo Buchelt, Mit freundlicher Genehmigung der Allgäuer Zeitung