Die Manufaktur "Bahnhof Apotheke"

Von einer Manufaktur mitten in Kempten ist auf Anhieb nichts zu sehen. Einzig ein schlichter Schriftzug in goldenen Lettern verweist auf die „Bahnhof-Apotheke“. Tatsächlich: In den Stockwerken über dem klassischen Verkaufsraum eröffnet sich eine eigene Welt. 250 Angestellte stellen hier auf über 4000 Quadratmetern in Handarbeit Produkte her, die in ganz Deutschland und Europa sowie weltweit begeisterte Abnehmer hat.

Markant: der gläserne Steg über die Straße
Vom Haupthaus führt ein markanter Glas-Steg über die Straße in den Erweiterungsbau. Dort zeigt Inhaber Dietmar Wolz stolz das Herzstück der Manufaktur, den Reinraum, der für Besucher nur von außen einsehbar ist. Dieser hochsensible Bereich darf nur in Schutzkleidung und über eine Schleuse betreten werden. Drinnen zapfen Mitarbeiter mit Haube und weißem Kittel Öle aus großen Fässern. Nach Rezeptur mischen sie ätherische mit fetten Ölen, schütteln sie und stellen sie für drei bis fünf Tage ins Reiferegal. Danach darf es abgefüllt werden. Jede Charge kontrolliert eine Mitarbeiterin organoleptisch: Sie riecht daran, schaut sich die Konsistenz an und prüft das Haltbarkeitsdatum. Erst dann werden die Produkte, wie zum Beispiel das beliebte Baby-Öl im braunen Glasfläschchen oder der Engelwurzbalsam für Schnupfennasen in der Tube, etikettiert, in lange, hohe Holzregale gestellt, um für den Versand verpackt zu werden. Jeder Schritt – mischen, abfüllen, kontrollieren, etikettieren, versenden – passiert von Hand. „Es ist unsere Philosophie, auf diese Weise zu arbeiten. Wer lieber mit Maschinen schafft, ist bei uns fehl am Platz“, meint der Apotheker.

Wie alles begann und weiterging
Nach seinem Pharmazie-Studium in Tübingen suchte Dietmar Wolz eine Apotheke mit viel Raum, um selbst naturheilkundliche Mittel herzustellen. Das war schon immer seine Vision. In Kempten wurde er fündig und übernahm 1985 die Bahnhof-Apotheke. „Drei Jahre später war meine Frau schwanger mit unserem ersten Sohn, wir nahmen an einem Paar-Kurs bei der Hebamme Ingeborg Stadelmann teil. Sie war fasziniert von der Aroma-Therapie in der Geburtshilfe, so entstand unsere Zusammenarbeit. Als erstes entwickelten wir das Schwangerschaftsöl“, erinnert sich der gebürtige Esslinger. Noch heute stoßen die meisten auf die Produkte rund um Schwangerschaft, Geburt und Baby-Pflege, wenn sie ein Kind erwarten. Passend dazu ist Stadelmanns Buch „Die Hebammen-Sprechstunde“ der Klassiker für werdende Mütter. „Mittlerweile setzen wir unsere Produkte auch am anderen Ende des Lebens, im palliativen Bereich, wirksam ein“, sagt Wolz.

Größtenteils Frauen am Werk
In den verschiedenen Abteilungen trifft man fast nur auf Frauen. „Sie sind besser in taktilen, feinmotorischen Arbeiten. Ich wäre dafür nicht unbedingt geeignet“, begründet der 62-Jährige schmunzelnd. Die meisten sind als pharmazeutisch-technische Assistentin (PTA) ausgebildet und wirkliche Allrounder: Mittags wechseln viele ihren Aufgaben-Bereich, zum Beispiel vom Handverkauf in die Abfüllung. So entsteht keine Monotonie. Nicht nur die Qualität seiner Rohstoffe und Endprodukte liegt Wolz sehr am Herzen, sondern auch die Qualität der Arbeitsplätze: Neben höhenverstellbaren Tischen und guter Beleuchtung sind Decke und Einrichtung nach den Vorgaben eines Akustikers gestaltet.

Dietmar Wolz lebt für die Bahnhof-Apotheke, die Manufaktur ist sein Lebenswerk, das er stetig ausbaut. Für täglich neuen Schwung sorgt dabei sein Lieblingsprodukt – das Grapefruit-Duschgel ist natürlich aus eigener Herstellung.