Graffiti-Kunst aus dem Allgäu

Hoppla, was ist das? Der weltbekannte König Ludwig begegnet Reiselustigen in der Wartehalle des Füssener Bahnhofs ganz ungewohnt: In seinem Kopf schwebt eine Laute, auf seiner Stirn erheben sich die Berge, seinen Mund ziert das Hohe Schloss. Die stadttypischen Motive hat der Graffiti-Artist Robert Wilhelm zusammen mit Fotograf Simon Toplak in einer Art Collage auf zwei mal vier Meter Größe verarbeitet und in neuem Rahmen gestaltet. Ein Hingucker mit A-ha-Effekt!

Graffiti in Füssen statt in London – Robert Wilhelm findet Gegensätze sehr spannend. Deshalb hat er sein Atelier gegenüber der Altstadt auf der anderen Seite des Lech: Hier in den ehemaligen Hanf-Werken aus dem 19. Jahrhundert, die jetzt „Magnus-Park“ heißen, haben sich viele kleine Betriebe und verschiedene Künstler angesiedelt. Das Areal versprüht maroden Charme, aber dem 43-jährigen taugt das für seine kreative Arbeit. Sein Atelier hat weder Heizung noch fließendes Wasser, dafür aber meterhohe Wände, die viel Platz zum Ausprobieren bieten. Robert Wilhelm nimmt eine Spraydose in die Hand und sprüht mal eben seinen „tag“, seine Unterschrift, auf die Wand. In der Szene hat er sich als „Trus“ einen Namen gemacht. 2001 hat er die abstrakten Charaktere namens „Smurfnobs“ (smurfnobs.com) erfunden, die in rund 30 Minuten aufgesprüht sind. Seitdem sind sie auf Wänden oder Mauern zahlreicher Städte zu finden.„Schon als Kind haben mich die besprühten Züge am Bahnhof begeistert. Ich bin in Heidelberg geboren und aufgewachsen. Dort waren bereits in den 80er Jahren Graffitis präsent. Mit 13 Jahren hatte ich die erste Sprühdose in der Hand und habe gemerkt, dass das mein Zeicheninstrument ist. Am Autonomen Zentrum gab es eine legale Fläche, wo man sprayen durfte. Da bin ich so in die Szene reingerutscht, habe den angesagten Sprayern über die Schultern geschaut und viel für mich ausprobiert“, erzählt Robert Wilhelm, der sein Diplom in Malerei und Grafikdesign an der höheren Fachschule in Mannheim absolviert hat. Neben seiner Leidenschaft Graffiti reicht Wilhelms Bandbreite aber bis hin zu großen Leinwänden, die er mit klassischen Öl- und Acrylfarben bemalt und mit gesprayten Elementen verwebt. Dort verarbeitet und interpretiert der Künstler oft komplexe Themen. Seine Begeisterung gibt Robert Wilhelm in Graffiti-Workshops weiter. Oder man erlebt ihn live beim Sprayen im Rahmen eines Events wie bei einem Konzert.

Workshops und Verleih der Werke  
Oftmals trifft man auf seine Werke im Freien. Zum Beispiel hat der 43-Jährige die Freudenberg-Unterführung in Kempten gestaltet, die Außenfassaden des AWO-Kinderhorts in Füssen und des Kindergartens in Kaufbeuren sowie das Jugendzentrum „Smile“ in Reutte. Auch das riesige Deckengemälde im Foyer des Füssener „König Ludwig Spa & Wellness Resort“ stammt von ihm, ebenfalls in Zusammenarbeit mit Simon Toplak. Zudem verleiht Wilhelm seine Werke an Büros oder Praxen, um sie dort auszustellen. Auch wenn sich das Allgäu mit Graffiti oft noch schwer tut – Robert Wilhelm fühlt sich hier zu Hause. Schon alleine weil er die Berge und vor allem das Snowboarden liebt. Zusammen mit seiner Frau und seinen beiden Töchtern lebt und arbeitet er lieber in Füssen als in hippen Großstädten. „Manche Kollegen belächeln mich deswegen. Aber ich habe viele Aufträge im Umkreis von rund 100 Kilometern. Zwischen Memmingen und Innsbruck, Lindau und Schongau habe ich mir in 20 Jahren einen Namen erarbeitet. Und wer hat schon in Berlin ein so großes Atelier und so viel Freiheit wie ich hier?“, grinst Robert Wilhelm unter seiner schwarzen Mütze hervor. Handgemachtes aus den Allgäuer Städten
Ateliers, Manufakturen, offene Werkstätten oder Designerinnen - all das findet man in den Allgäuer Städten, aber auch in deren Onlineshops. Eine Übersicht findet sich unter handgemachtes.allgaeu.de. Passende Restaurant- und Übernachtungstipps unter staedte.allgaeu.de. Infos zu Robert Wilhelm unter http://robert-wilhelm.com