Allgäuer Lebenswerke, Raum für eigene Visionen

Zum Allgäu-Tag im Kemptener Kornhaus hat die Allgäu GmbH gleichermaßen traditionsreiche wie innovative Handwerksbetriebe sowie den Präsidenten der Handwerkskammer für Schwaben, Hans Peter Rauch auf die Bühne gebracht. Diskutiert wurde über die Herausforderungen der modernen Arbeitswelt wie Digitalisierung und neue Modelle des Zusammen-Arbeitens.

Moderiert wurde die Veranstaltung von Ulrich Hagemeier, Leiter der Gesamtredaktion Allgäuer Zeitungsverlag. Die Anpassung an den wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Wandel ist für die Privat-Brauerei Zötler GmbH als älteste Familienbrauerei der Welt seit 571 Jahren Thema. Sie wird bereits in der 21. Generation als Familienunternehmen geführt. Mit Matthias Brack aus Altusried saß die vierte Generation auf dem Podium: Vom Vater Alfred hat er die Schreinerei übernommen und zu Brack Wintergärten GmbH & Co. KG umgebaut. Josef Geiger Jun. und Pius Geiger berichteten über ihre Firmengeschichte, nun ebenfalls in der vierten Generation: Vom Straßenbau zu einem international agierenden Unternehmen Wilhelm Geiger GmbH & Co. KG mit 2.800 Mitarbeitern. Was alle drei Unternehmer-Generationen eint ist die gegenseitige Anerkennung, der Mut Neues zu wagen und den Menschen im Mittelpunkt zu sehen.

Von Strategien, Zugeständnissen und prägenden Erfahrungen der Unternehmer

Herbert Zötler hat die Privat-Brauerei von seinem Vater zunächst nicht freiwillig übernommen. Zu groß waren anfangs die Differenzen. Schließlich kehrte er in die Brauerei zurück. Mit einer klaren Strategie wurde die Brauerei von ihm zu einer modernen, innovativen Brauerei umgebaut. Entstanden sind beispielsweise kreative Ideen wie das Vollmond-Bier und Vollmond-Fest, das Besucherzentrum und die Zötler-Gastro-Akademie. Hier kümmert man sich um die Weiterbildung. Nun ist Niklas Zötler Geschäftsführer, 32 Jahre jung, Braumeister, Betriebswirt und Biersommelier. Auch in der 21. Generation wird die Strategie ständig weiter entwickelt.

Mit Matthias Brack hält die 4. Generation den Familienbetrieb Brack Wintergarten GmbH & Co. KG aufrecht. Drei Jahre wurde die Schreinerei gemeinsam geführt. Doch dann erkannten beide, der Vater ist der bessere Handwerker und der Sohn der bessere Kaufmann. Es erfolgte der Umbau zu Brack Wintergarten. Die Digitalisierung spielt hier eine große Rolle: Mittels einer VR-Brille kann der Kunde schon bei der Planung einen virtuellen Rundgang durch seinen Wintergarten machen.

Josef Geiger Junior und Pius Geiger, die 3. und 4. Generation von Wilhelm Geiger GmbH & Co. KG haben jeweils prägende Erfahrungen gemacht. Beide arbeiteten bereits als Schüler bei Ferienarbeiten am Bau. Wer sich hier durchsetzte genoss die Anerkennung und das erfüllte sie mit Stolz. So wurden sie letztlich in das Unternehmen eingearbeitet. Heute beschäftigt die Firma Geiger 2.800 Mitarbeiter an 50 Standorten. Mit „Jobs die begeistern, jetzt mitreißen lassen“ wirbt das Unternehmen um Mitarbeiter. Ein Slogan heißt dann auch „Abends platt sein, abends stolz sein“. Dass man hier richtig liegt, beweist die Auszeichnung als Bester Arbeitgeber im Wettbewerb Great place to Work, der in Zusammenarbeit mit der Allgäu GmbH durchgeführt wird. Die Digitalisierung begreift Pius Geiger als eine ständige Verbesserung der Arbeitsprozesse und der interaktiven Zusammenarbeit aller Beteiligten.

Handwerk: Tradition behalten aber Zukunft gestalten

Hans Peter Rauch, Präsident der Handwerkskammer Schwaben, sieht die Digitalisierung ebenfalls als Chance. Der Handwerker sei prädestiniert für die Erhaltung der Tradition, könne mit der Digitalisierung aber Zukunft gestalten, wie die VR-Brille von Brack zeige. Dem Fachkräftemangel müsse man mit einem verbesserten, selbstbewussten Image begegnen. Das Studium sei zu lange als Garant für Karriere erklärt worden, dabei biete das Handwerk mindestens die gleichen Chancen. „Der Wirtschaftsstandort Allgäu sichert Arbeitsplätze und die Marke Allgäu schafft Identität nach außen, Zusammenhalt nach innen. Dies zu bewahren, sei Aufgabe der nächsten Jahre“, betonte Landrat Anton Klotz, Vorsitzender des Aufsichtsrates der Allgäu GmbH vor den über 400 Gästen im Kornhaus.

Der bayerische Ministerpräsident Dr. Markus Söder betonte in seiner Rede die Wichtigkeit des Handwerks, des Mittelstandes und der Familienbetriebe. Ohne sie sei ein Kultur- und Wirtschaftsraum wie das Allgäu nicht denkbar. Die Digitalisierung sei vor allem für den ländlichen Raum von großer Bedeutung. Hier liege die Zukunft und an dieser wolle man mit der Tourismusoffensive Bayern und Projekten wie „Digitale Alpendörfer“ arbeiten. Aber auch für den Erhalt von Dorfgasthäusern will sich die Staatsregierung durch Förderprogramme einsetzen. Den Allgäuern versprach Söder die Elektrifizierung voranzubringen: Er wolle hier in finanzielle Vorleistung gehen, sollte die Bahn in den nächsten drei Jahren nicht die nötigen Schritte unternehmen.