Christbaumloben - ein Allgäuer Brauch

„Mei, isch des a schöner Baum!“ Und schon bekommt man einen Schnaps gereicht. „Christbaum loben“ nennt sich dieser im Allgäu gesellige Brauch. Normalerweise besucht man dazu Nachbarn und Freunde. Und der Baum mag sein wie er will: krumm und karg oder ausladend und beladen. Wichtig ist, man öffnet den Besuchern die Tür und nimmt sich Zeit. Ganz spontan, ganz unkonventionell und ohne digitale Unterstützung. So mancher Zugereister wird von einem solchen Besuch überrascht. Dafür gibt es Abhilfe. Die Allgäu-Brennerei stellt eigens einen Christbaumlober – Schnaps her. In Memmingen ist dies eine Aktion für jedermann, den Weihnachtsmarkt ergänzend. Der Verein Soziale Bürger stellt die Bäume in der Memminger Rathaus-Halle auf. Dort schmücken Paten ihren Baum. Zu sehen sind klassische Christbäume, aber auch mit Einhörnern oder mit Schmuck aus Fahrrad-Ersatzteilen.

Mittlerweile ein fester Termin
Die Idee dazu hatten Manfred Bretzel und seine Frau vom Verein „Soziale Bürger Memmingen“. Ein Jahr lang haben sie vorbereitet und getüftelt, ehe 2012 das erste „Christbaum loben“ stattfand. Mittlerweile ist es zu einer festen Institution geworden. „Wir suchen jedes Jahr Paten für einen der insgesamt 20 Bäume. Entweder über die Presse oder ich spreche die Leute persönlich an. Mitmachen darf jeder“, erklärt Manfred Bretzel. Er besorgt die Bäume und stellt sie in der Memminger Rathaus-Halle auf. Dort schmücken die Paten am Freitag ihren Schützling nach ihren Vorstellungen und mit ihrer eigens ausgedachten Deko. Echte Kerzen sind erlaubt, aber nur zur Zierde, nicht zum Anzünden. „Wir hatten schon alles: Bäume geschmückt mit Hundefutter, mit selbst gestrickten Kugeln, mit bestickten Sternen oder mit Schmuck aus Fahrrad-Ersatzteilen“, erzählt der Organisator. „Wir haben sogar ein paar Stammkunden, die jedes Jahr aufs Neue mitmachen. Immer mit neuem Schmuck selbstverständlich. Eine Frau zum Beispiel hat Schmuck für 30 Bäume daheim.“

Stimmzettel abgeben & Likör trinken
Am Samstag und Sonntag drängen sich die Leute in der Rathaus-Halle. Viele besuchen extra wegen dieser Aktion den Memminger Christkindlmarkt. Manche schauen sich bloß um, die meisten aber kaufen einen Stimmzettel für 1,50 Euro. Dann wird lebhaft diskutiert, beurteilt und gelobt, ehe sie dort die Nummer ihres Lieblingsbaumes notieren. „Wer einen Stimmzettel abgibt, bekommt einen selbst gemachten Likör, Kinderpunsch oder Lebkuchen. Jeder kann so viele Zettel ausfüllen, wie er möchte. Wegen uns auch zehn Stück“, lacht Manfred Bretzel. Denn das Geld spendet der Verein für einen sozialen Zweck, zum Beispiel für den offenen Mittagstisch oder für die Senioren-Arbeit in Memmingen.

Der hübscheste Baum wird prämiert
„Ich freue mich jedes Jahr auf diese Veranstaltung. Der schönste Augenblick ist für mich immer der Sonntagmorgen, ehe die Rathaus-Halle ihre Türen öffnet. Es ist nichts los, ich bin alleine und schaue mir in Ruhe die Christbäume an“, schwärmt Manfred Bretzel. Am Abend haben er und seine Frau nochmals alle Hände voll zu tun: An die 1500 Stimmzettel müssen sie auszählen. Der Baum mit den meisten Stimmen wird im Rahmen einer kleinen Feier prämiert, für die fünf schönsten Bäume gibt es einen Preis. Alle anderen bekommen fürs Mitmachen natürlich auch einen Trostpreis. Im Anschluss darf jeder Pate seinen Christbaum mit nach Hause nehmen – fantasievoll geschmückt und ausgiebig gelobt. Welche Ehre!

Termine 2018 im Memminger Rathaus:
8. Dezember, 12 bis 20 Uhr: Christbaum loben
9. Dezember, 12 bis 20 Uhr: Christbaum loben
9. Dezember, 19.30 Uhr: Prämierung der schönsten Bäume und Preisverleihung

Adresse
Marktpl. 1,
87700 Memmingen

Mehr Infos zum Thema Weihnachten in Memmingen unter: https://www.memmingen.de/kultur/museen-kunst/museen-antonierhaus.html