200 Jahre Rad: Technik und Ausrüstung im Wandel der Zeit

Ohne jeglichen Gang in die Pedale treten – dieses Gefühl kennen heutzutage nur noch Kleinkinder. Und bald schon muss eine Gangschaltung her. Ganz klar. Da kann Peter Beck nur schmunzeln. Der frühere Leiter des Gästeamtes Wangen ist begeisterter Radsportler und hat die technische Entwicklung hautnah miterlebt. Nun wird das Fahrrad schon 200 Jahre alt, vieles hat sich im Laufe der Zeit geändert. Der 75-Jährige erinnert sich noch gut: „Mit meinem ersten Fahrrad bin ich als 11-Jähriger alleine von Wangen zu meiner Schwester nach Davos gefahren. 120 Kilometer, bergauf und bergab ohne Gangschaltung. Bestimmt 15 Kilometer musste ich das Rad wegen der Steigungen schieben. Nach elf Stunden bin ich angekommen. Mit 15 hatte ich dann mein erstes Rennrad. Da habe ich die Strecke in sieben Stunden geschafft – ohne Schieben.“

Von Feldflaschen, Ledersätteln und Radhosen aus Hirschleder

Eine Trinkflasche, wie sie heute an allen Bikes steckt, gab es natürlich nicht. „Ich hatte eine Feldflasche aus Aluminium mit Filz herum, vom Vater aus dem Krieg. Die wurde mit einem Gemisch aus Wasser, Most und etwas Zucker gefüllt und mit einem Lederriemen am Lenker festgebunden“, erzählt Peter Beck, der als Jugendlicher Radrennen gefahren ist und später als Trainer bei der Radunion Wangen aktiv war. „Außerdem hatten wir bockelharte Ledersättel, die wir noch bearbeitet haben, damit sie geschmeidig wurden. Den Sattel musste man erst ein halbes Jahr einfahren, bis er sich an die Sitzknochen angepasst hat. Dagegen gibt das heutige Material gleich nach und passt sich an.“

Auch in Sachen Kleidung war früher vieles anders. Radhosen zum Beispiel gab es zwar schon immer. „Aber meine erste Radhose 1957 war noch mit Hirschleder gepolstert. Wir als Profi-Radler sind mit dem nackten Hintern in die Rennhose geschlüpft. Aber die Leute musste man erst überzeugen, dass Radhosen gut und funktionell sind.“ Atmungsaktive, wasserabweisende und federleichte Funktionswäsche wie heute gab es aber noch nicht. Ebenso wenig wie einen Helm, der erst Ende der 1980er Jahre bei Freizeitradfahrern wachsende Verbreitung fand. Statt Helm trug man bei Radrennen immerhin einen Sturzring aus Leder. Auch Radwanderkarten gab es noch lange nicht. Man zog mit der Straßenkarte im Maßstab von 1:200.000 los und suchte die kleinen Nebenstraßen aus – undenkbar für heutige Radfahrer, die meist ihre Routen vorab wählen und sich per GPS leiten lassen. Auch die Radrunde Allgäu ist bestens ausgeschildert und GPS-fähig. Zudem lässt sich jede Tour individuell in einer interaktiven Karte planen, speichern und ausdrucken. Das passende, kostenlose Kartenmaterial und Bike-Führer ergänzen das Angebot. Überhaupt Service: Bett&Bike-Betriebe, Rastplätze oder Gepäcktransport stehen für den Radgenuss auf der vom ADFC mit vier Sternen ausgezeichneten Qualitätsroute. Die Region rund um Füssen, der Schlosspark und Teil der Radrunde Allgäu, hat sich sogar zur fünf Sterne Radreiseregion entwickelt.

Vom Klapprad zur 3-Gang-Schaltung zum E-Bike

Im Jahr 1907 wurde die erste Gangschaltung entwickelt. Doch längst nicht alle Räder waren damit ausgestattet. „Als ich 1981 die erste Radausfahrt gemacht habe, kamen die Leute teilweise noch mit Klapprädern“, erzählt Beck.  Ebenfalls 1981 gab es eine echte Neuerung: das Mountainbike. Damit wird auch dieser Sport populär. Im Allgäu findet zum Beispiel jedes Jahr der Mountain Bike Marathon in Pfronten statt. In diesem Rahmen wird auch die „Klapprad WM“ ausgetragen – eine Riesengaudi, bei der sich die Teilnehmer auf den schrulligen Rädern aus den 70ern den Berg hinaufschinden. Am 17. Juni 2017 ist es wieder soweit – den Termin sollte man sich nicht entgehen lassen.

In jüngster Zeit haben sich die anfangs noch als Rentnerkutsche belächelten E-Bikes etabliert – und zwar in allen Altersgruppen. Für Familien bietet sich ein weiterer Vorteil: Wer will kann im sportlichen Tempo radeln, der andere hält dank Elektromotor gut mit oder aber der Anhänger ist leichter zu ziehen. Gerade entlang der Radrunde Allgäu gibt es zahlreiche E-Bike-Leihstationen oder Akku-Wechselstationen. Sie sind Teil des Konzepts des Radfernweges: Dank der elektrischen Unterstützung trauen sich auch Genussradler, Familien oder Senioren zu, im hügeligen Allgäu zu radeln. Das kann Josef Weber aus der Nähe von Wangen nur bekräftigen. Der 81-Jährige hat die Radrunde vergangenes Jahr mit seinem E-Bike in sechs Etappen geschafft – und ist begeistert: „Ich habe mir vorher die Route aufs Navi heruntergeladen. Die Strecke ist sehr gut beschildert. Man fährt nie auf einer Verkehrsstraße, sondern auf hervorragend ausgesuchten Wegen, darunter viele Wald- und Schotterwege, die alle sehr gut zu befahren sind.“

Allgäuer Radmanufakturen: E-Bikes mit Fendt-Motoren, stylisches Zubehör, trendige Bikes

Nicht nur E-Bikes sind immer beliebter. Zum neuen Lifestyle gehören auch außergewöhnliche oder individuell zugeschnittene Räder. Diesen Trend machen sich Allgäuer Radmanufakturen zu Nutze. Wie zum Beispiel die Firma „Starrgang“ in Füssen, die alte Drahtesel recycelt und daraus neuwertige Räder bastelt. Auch ausgefallenes Zubehör wie Radtaschen aus Leder oder magnetische Fahrradlichter gibt es dort zu kaufen (www.starrgang.net). Die Manufaktur „Tororider“ in Marktoberdorf stattet E-Bikes mit Elektromotoren von Fendt aus (www.tororider.de). Bei „Liteville“ in Wiggensbach kann man die aktuellen Modelle im großen Testgelände ausprobieren. Die Firma baut funktionelle Räder ohne Schnickschnack, auf jeden Fahrer abgestimmt (www.liteville.com). Auch bei „needful bikes“ in Pfronten werden personalisierte Bikes zusammengeschraubt (www.needful-bikes.com). Und passende Allgäuer Bekleidung gibt´s zum Beispiel bei Adele Bergzauber in Kempten (www.adele-bergzauber.de). Die Allgäuer Radmanufakturen verarbeiten so viele kreative Ideen, so dass man mit den Bikes gleich auf Tour gehen muss. Da bietet sich die Radrunde Allgäu ja förmlich an. Sie ist nämlich genauso kreativ zu gestalten und mit ihren zahlreichen Varianten und Facetten immer wieder neu und aus anderer Perspektive zu entdecken (www.radrunde-allgaeu.de).

Tourentipps und Infos:

Tipp: 9. Allgäuer Radltour
Bei Freizeitsportlern und Familien beliebt ist die Allgäuer Radltour, Start ist am 21. Mai um 9 Uhr in Füssen. Die Genusstour führt auf 41 km durch die Radreiseregion Schlosspark, vom ADFC mit 5 Sternen - damit der höchsten Auszeichnung, zertifiziert. Die sportliche Variante über 129 km ist für Rennradler gedacht.
Anmeldungen und Informationen unter www.schlosspark.de

Infos für den Radurlaub: 
Zur Planung des Radurlaubs stehen die kostenlose Übersichtskarte sowie das Serviceheft mit Streckenbeschreibung, Höhenprofil, Einkehrtipps und Gastgebern zur Verfügung. Mittels der interaktiven Karte kann die Radrunde Allgäu geplant, gespeichert und ausgedruckt werden. Zudem gibt es Pauschalen ab 339 Euro p.P. für sechs Übernachtungen mit Radlerfrühstück.
www.radrunde-allgaeu.de