Handgemachtes aus dem Allgäu - traditionsreiche Berufe neu interpretiert

Mit Geduld, Können und aus ausgewählten Materialien entsteht im Allgäu noch Handgemachtes. Wie hochwertige Unikate gefertigt werden, zeigen offene Werkstätten und Ateliers.

Werkstätten zu besuchen heißt Eintauchen in eine andere Welt. Oftmals sind es junge Menschen, die einen traditionellen Beruf neu leben. Konnte man sie in den vergangenen Jahren auf Weihnachts- oder Handwerkermärkten erleben, darf man sie heute in ihren Ateliers besuchen. So wie in Kaufbeuren. Die Stadt mit Sitz der einzigen Berufsschule für Schmuck-, Schmiede- und Glaskunst in Deutschland hat Gründern Fläche zur Verfügung gestellt. Allein in Kaufbeurens Innenstadt finden sich zehn Gold- und Silberschmieden. Die jüngste selbständige Goldschmiedin Franziska Stückl, hat erst 2020 Laden und Atelier eröffnet. Lina Schaller und Benjamin Seifert schon 2013. Sie ergänzen sich durch ihre Ausbildung.

Von Neugablonz in die Altstadt Kaufbeuren – von der Berufsfachschule in die Selbständigkeit
In Neugablonz, dem größten Stadtteil Kaufbeurens, haben sich ihre Wege gekreuzt, ineinander verschlungen und schließlich fest verankert: Lina Schaller aus München und Benjamin Seifert aus Würzburg haben dort ihre Ausbildung zum Silber- und Goldschmied gemacht. Denn dort ist die einzige Staatliche Berufsfachschule für Glas und Schmuck in Bayern, die Schüler aus ganz Deutschland und der ganzen Welt besuchen. Die Erlebnisausstellung lässt auch Besucher an der Schmuckgestaltung und Industriedesign teilhaben.

Enge Bindung an Schule und Stadt
„Für uns waren die drei bis vier Jahre an der Schule eine ganz besondere Zeit, so familiär und intensiv mit den anderen Schülern, aber auch mit den Lehrern“, schwärmen die beiden Schmiede. Diese enge Bindung an den Ort und die Schule war der Anlass, verbunden mit dem Projekt der Stadt Kaufbeuren, günstig Ladenraum mieten zu können, dass Lina Schaller und Benjamin Seifert 2013 ihr eigenes Atelier im Ringweg eröffnet haben.So ist die Berufsfachschule jetzt mit Kaufbeurens Altstadt eng verbunden, die lange Tradition lebt weiter. Denn die weltweit bekannte Gablonzer Glas- und Schmuckindustrie hat zwar ihren Ursprung im nordböhmischen Gablonz im 16. Jahrhundert. Doch von dort nach 1945 vertrieben wagten die Menschen einen Neuanfang – im heutigen Neugablonz. Heute sitzt hier der Bundesverband der Gablonzer Industrie und ist das Modeschmuck-Zentrum Deutschlands. In den 130 Betrieben der Gablonzer Industrie mit ihren rund 1200 Mitarbeitern werden jährlich tausende neuer Entwürfe geschaffen, Handelsverbindungen in alle Welt sorgen für den Vertrieb.

Kunsthandwerk mit absolut eigenem Stil: Schmuck und Messer aus der Goldschmiede
Lina und Benjamin dagegen fokussieren sich auf die Region: „Es spricht sich herum, dass es uns gibt. Wir haben nette Kunden in einer tollen Atmosphäre “, meinen sie. Große Schaufenster locken nach innen. Die Wände sind anthrazit gestrichen, in goldenen Rahmen sind die Schmuckstücke ausgestellt.  Rechts steht ein großes Sofa, über dem das selbst entworfene Logo leuchtet, ein ineinander verschlungenes L und B. Ein Rundbogen grenzt die kleine Werkstatt vom Ladenraum ab. Sowohl durchs Fenster als auch vom Laden aus kann man den beiden beim Arbeiten zuschauen. „Oft ist das gar nicht spektakulär. Wir bleiben immer lange bei einem Arbeitsschritt. Zum Beispiel feilen wir eine Stunde an einem Ring, bis er passt“, befindet Lina Schaller. Walzen, löten, meißeln, bohren, biegen, schmieden. Die 33-Jährige mit syrischen Wurzeln stellt am liebsten Schmuck her, unter anderem auch traditionellen Gablonzer Glasperlenschmuck. Benjamin, 36 Jahre, baut seit neuestem Bogen aus Massivholz und fertigt Messer aller Art aus Holz und Stahl. Die Stücke, ob frei entworfen oder als Auftragsarbeit sind alle ausgefallen, handgefertigt und etwas ganz Besonderes.

Mehr Ideen zu Handgemachtes aus den Allgäuer Städten unter www.handwerk.allgaeu.de

Infos:
Schaller und Seifert
Gold- und Silberschmiede Atelier
Ringweg 2
87600 Kaufbeuren
Tel. 08341 – 90 82 93 6​
www.schallerundseifert.com